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Können Immobilienpreise fallen?
Bevor Sie in Immobilien investieren - auch ein privater Hausbau ist eine
Investition, sogar meist ohne Streuung, da Sie Ihr ganzes Vermögen in diese
Lebensinvestition stecken - betrachten Sie dies besser ganz nüchtern:
Sie kaufen ein Gebäude + Grundstück (ggf. einen Anteil).
Regelmäßig steigt nur das Grundstück im Wert! Das Gebäude veraltet und wird zu Neubauten relativ unrentabel, z.
B. durch höhere Heizkosten oder fehlende Datenschächte in Büroimmobilien, die
Reparaturen kosten usw.
Die Grafik unten zeigt die Preisänderungen für fünf Jahre in
ausgewählten europäischen Ländern. Selten lag eine Preisänderung über
der "0-Linie", viel öfter fielen die Immobilienpreise stark. Deutschland ist
bislang eine Insel der
Seligen, aber der Blick um uns herum zeigt, dass Preise nie eine Einbahnstraße
verfolgen. In Bulgarien oder Spanien fielen in fünf aufeinander folgenden
Jahren die Preise, oft zweistellige Prozentwerte.
Preisssteigerungen der Jahre 2008 bis 2013
(c)
Europäische Union 1995-2013
1993 titelte die WirtschaftsWoche sogar: „Immobilienpreise im freien Fall". Fakt
ist, dass von 1891 (!) bis 1969 die Preisteigerungen real in den USA,
Norwegen und Frankreich 0,3 % betrugen. Mehr ernüchternde Zahlen:
2010 verloren
11000 Wohnungen in New York einen Wertverlust von 70 % gegenüber 2007. In
Spanien sind die Immobilienpreise regelrecht zusammengebrochen (siehe oben). Das
wird es immer wieder geben.
Weitere Fakten (Auszug aus meinem Buch, 2008):
Ganz nüchtern betrachtet ist jedes Eigenheim eine Kapitalanlage. Wer es bewohnt,
erzielt eine Art Selbstnutzer-Rendite, die eingesparte Kalt-Miete im Verhältnis
zum Kaufpreis. Und hofft auf Wertzuwachs, werden Häuser doch dauernd teurer –
oder nicht? Statt Agio werden zunächst gut 11 % Maklercourtage, Notargebühren
und Grunderwerbsteuer als Eintrittsgeld fällig. Was bringt das „Investment“?
Die Rendite für Immobilien liegt
laut WGZ-Bank bei 7,4 % vor Inflation für die
letzten 25 Jahre.1 Ähnlich positiv wie die WGZ-Bank eingestimmt ist auch die
Dresdner Bank, die für 1985 bis 2004 einen Gesamtertrag für Selbstnutzer aus
eingesparter Miete und Wertzuwachs von 4,7 % p. a. ermittelte.2 So weit der
Sonnenschein, mehrheitlich ziehen dunkle Wolken nach. Den Beginn macht der
Immobilienverband Deutschland IVD mit einer
Preisstagnation von 1997 bis 2007
für Einfamilien- und Reihenhäuser.3 Die Universität Bayreuth führte eine Studie
in 14 repräsentativen Städten im alten Bundesgebiet durch und erhielt für 1980
bis 2000 nur geringe nominale Wertsteigerungen zwischen 0,5 und 4,3 % jährlich,
die realen, inflationsbereinigten lagen im norddeutschen Raum bei –0,5 bis –1,9
% und in Süddeutschland bei 0,1 bis 1,8 %.4 Das ifo Institut für
Wirtschaftsforschung maß in den alten Bundesländern die Werte von
Eigentumswohnungen an der Kaufkraft seit 1975. Im Schnitt fielen sie in 30
Jahren um 24 Prozent.5 Laut OECD lagen die deutschen Hauspreise 2004 auf dem
Niveau von 1991.6
Wer 1995 ein Einfamilienhaus oder eine Eigentumswohnung erwarb, erlitt bis 2005
deutliche Wertverluste, so eine Studie des Instituts für Städtebau,
Wohnungswirtschaft und Bausparwesen (ifs).7 Lange Fahrtwege, schlechte
Energiebilanz alter Bauten, unmoderne Grundrisse, verschwindende Bahnhöfe,
demografische Entwicklungen, Landflucht oder Bauwut in der Nähe können
überraschend ernüchternde Werte verursachen. Die Neubaupreise von Einfamilien-
und Mehrfamilienhäusern stiegen von 1960 bis 2007 um 3,95 % pro Jahr.8 Da diese
Wohnalternativen zu Gebrauchtimmobilien sind, sollten Letztere dem Trend folgen,
denkt man. Doch die neuen Häuser sind energiesparender und mit älteren nicht
direkt vergleichbar, die Preise koppeln sich ab.
Das Gewos Institut für Stadt-, Regional und Wohnforschung hat auf Basis von
öffentlichen Gutachterausschüssen, die notarielle Kaufverträge sichten und nicht
Preise aus Annoncen heranziehen, für die nächsten Jahre eine Prognose erstellt.
Danach steigen die Preise nur in den wenigsten Gebieten Deutschlands, am ehesten
in Großstadtgebieten, der weitaus größere Teil wird fallen oder stagnieren.9 Die
Kollegen vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung DIW machen kaum mehr
Hoffnung: In den 31 Jahren seit 1974 hätten die realen Immobilienpreise in
Deutschland fast durchgängig stagniert. Ein Vergleich mit anderen
Industriestaaten ergab, dass der bedeutendste Faktor für Immobilienpreise das
Pro-Kopf-Einkommen sei, und dieses würde hierzulande nur schwach wachsen.10
In 2008 fielen in 75 % aller Großstädte die inserierten Preise für
Eigentumswohnungen, ermittelte das wissenschaftliche Beratungsunternehmen
empirica.11
Die Rendite von privat vermieteten Wohnimmobilien
beträgt bei der Hälfte der Anleger unter 2 % p. a. ermittelte das Deutsche
Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) im September 2014. Von 7 Mio. privaten Vermietern machen 8,5 %
Verluste (auch mit vermieteten Objekten in Westdeutschland!), 24,5 % plusminus Null, 20,7 % bis 2 % Rendite und 46,2 % schaffen
die
2 %-Hürde.12
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1
WGZ-Bank-Studie, Eckert/Zschäpitz: Die Deutschen
sind Rendite-Träumer, in: Die Welt online, 11.09.2007
2 Dresdner Bank: Wohnimmobilien: Guter Ertrag bei hoher Sicherheit,
Februar 2006
3 Wohnpreisspiegel 2007/2008, in: ivd.net; Anke Henrich: Wenn der
Traum vom eigenen Heim platzt, in:
Wirtschaftswoche/wiwo.de, 16.07.2008
4 Thomas Schulze: Lukrativer als man denkt: Das Eigenheim, in: Die Tagespost,
15.10.2002
5 Eine gute Alternative zur Aktie, in: Hamburger Abendblatt, Magazin, 17.09.2005
6 Ackermann/Esterhazy/Gersemann/Müller/Sieren: Tödliche Kombination, in:
Wirtschaftswoche Nr. 41, 30.09.2004
7 Richard Haimann: Eigenheim? Lohnt sich nicht mehr, in: Welt online, 05.12.2006
8 Statistisches Bundesamt: Jahrbuch 2008, eigene Berechnung
9 Rolf-Herbert Peters/Frank Schinski: Käufer – dringend gesucht, in: stern
34/2008, S. 66–71
10 Kholodillin/Menz/Siliverstovs: Immobilienkrise? In: DIW Wochenbericht 17/2008,
23.04.2008, S. 213–220
11 empirica Miet- und Kaufpreis-Ranking II/2008, Juli 2008
12 DIW Wochenbericht 15/2014; Richard Haimann: Private Vermieter
erzielen nur Mini-Renditen, in: Manager Magazin online, 17.09.2014
Der 125 Städte und neun Teilmärkte umfassende Immobilienindex von BulwienGesa
zeigt für die letzten Jahre nicht einmal Schutz vor der Geldentwertung (damals
waren die Inflationsraten höher):
Preise und Mieten von Immobilien in Deutschland,
langjährige Veränderungsraten p. a |
Preise und Mieten |
1975 – 1990° |
1990 – 2007 |
1975–2007 |
Eigentumswohnungen |
3,0 % |
0,6 % |
Städte/alle Segmente: |
Reihenhäuser |
3,5 % |
0,8 % |
München: 3,2 % |
Eigenheim-Grundstücke |
5,7 % |
1,8 % |
Frankfurt: 3,0 % |
Miete Erstbezug |
3,3 % |
0,5 % |
Bremen: 1,7 % |
Index Wohnen gesamt |
4,0 % |
1,1 % |
|
Index Gewerbe gesamt |
4,1 % |
2,7 % |
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°nur Westdeutschland [BulwienGesa:
Immobilienindex 1975 bis 2007, Jan. 2008] |
Der Index des ifs Städtebauinstituts bestätigt fehlende Wertsteigerungen in den
letzten Jahren einmal grafisch:
[www.ifs-staedtebauinstitut.de]
Zinshäuser sind rentabler als Einzelwohnungen und brachten 2005 bis zu 6,5 %
Anfangsrendite.1 Die Stiftung Warentest geht bei vermieteten Eigentumswohnungen
von rund 5 % Ertrag nach Steuern aus. Entmutigender dagegen das Ergebnis des
Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung. Die bundesweite Studie ergab, dass 60 %
der Vermieter von Wohnungen von 2002 bis 2006 keine Gewinne erzielten,
insbesondere durch teure Sanierungen.2)
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1) Finanztest 04/2004, S. 24 ff., 06.04.2004
2) Richard Haimann: Wohnungen bringen als
Geldanlage nur wenig, in: Welt online, 09.04.2008
Eingangsfrage: Können Immobilienpreise fallen? Antwort: Ja, historisch gesehen sogar öfter als man denkt!
- und Sie können auch enteignet oder hoch besteuert werden (Beispiel unter
Schwäche der Weltfinanz).
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